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Chucks - pp 145-148
Beide wurden wirt Mitglieder in einer Organisation zur Rückholung von Freiräumen, soll heißen: einer Gruppe von HausbesetzerInnen - HausbesetzerInnen, bei denen man das große I sogar hören konnte.
Das aktuell rückgeholte Haus stand in Favoriten, ein einigermaßen großer Sichtziegelbau, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut wurde und seit einigen Jahren leer stand. Langsam tappte ich im Halbdunkeln durch einen Gang, zählte dabei die Türen, an denen ich vorbei ging. Die Fenster waren fast blind, das schräg einfallende Licht hatte einen starken Gelbstich. Das ist der Moment, in dem in Horrorfilmen die Hauptfigur von einem Geräusch aufgeschreckt wird und dann fragt: "Ist da jemand?", aber nicht auf die Antwort wartet, sondern gleich nachsehen geht. Und, natürlich, es ist immer jemand da, aber keine Person, der man begegnen möchte.
Eine Glasscherbe zersplitterte unter meinem Schuh in viele kleinere. "Zellteilung", kicherte ich vor mich hin und verstummte im nächsten Moment. So fängt der Wahnsinn an.
In einem leeren Raum stand ein Stuhl mit nur drei Beinen, und ich fragte mich, wie das funktionierte; auch das könnte mit Wahnsinn zu tun haben.
Ich sah durch eines der zerbrochenen Fenster nach draußen. Unsere Feuer im Hof gaben Rauchzeichen an die Nachbarschaft. Doch bevor sie den Rauch sahen, hatten sie uns bestimmt schon gehört. "Lieber besetzen statt besitzen!" rief jemand in der Nähe des Feuers, und ich musste lächeln. Hier waren wir. Ein gutes Gefühl.
Die Parolen verschmolzen zu einem einzigen Stimmenmeer. Wir waren eine Welle, die sich an der Staatsgewalt brach. Um mich herum nichts als die hohen, durchsichtigen Abwehrschilde der Polizei, die ich in der Eile nicht zählen konnte. Wie es schien, waren einige Personen mit unseren Rückholaktionen nicht einverstanden. Ich wartete auf einen Schmerz, der nicht kam.
"Wir wollen keine Bullenschweine", schrie ein dünnes Mädchen direkt neben meinem linken Ohr. Mein Trommelfell schmerzte, ich riss mir das Tuch vom Gesicht, um in der Hitze freier atmen zu können. Von links hörte ich Schreie und das Geräusch der Wasserwerfer. Von allen Seiten bedrängten mich Menschen, es waren zu viele, der Platz zu eng, der Himmel hing zu tief, ich ging zu Boden. Und wartete auf die Füße. Aber eine Hand streckte sich mir entgegen, und ich sah weißblondes Haar und eisblaue Augen, während mich die Hand hochzog.
Dann bemerkte ich, dass die Polizeimauer hintermir war und vor mir nur dieser belustigt und zugleich ernst dreinblickende Mann, ich sah in seine Augen, heilige Scheiße, dachte ich, und dann ging alles zu schnell.
"Faschistenschwein!", brüllte ich ihn an, sodass er verblüfft zurückwich.
Mich in meinen eigenen Füßen verheddernd, stürzte ich davon, einfach weg, bis ich keuchend stehen bleiben musste, vor meinen Augen statt roter Sterne nur noch grelle Flecken.
Das aktuell rückgeholte Haus stand in Favoriten, ein einigermaßen großer Sichtziegelbau, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut wurde und seit einigen Jahren leer stand. Langsam tappte ich im Halbdunkeln durch einen Gang, zählte dabei die Türen, an denen ich vorbei ging. Die Fenster waren fast blind, das schräg einfallende Licht hatte einen starken Gelbstich. Das ist der Moment, in dem in Horrorfilmen die Hauptfigur von einem Geräusch aufgeschreckt wird und dann fragt: "Ist da jemand?", aber nicht auf die Antwort wartet, sondern gleich nachsehen geht. Und, natürlich, es ist immer jemand da, aber keine Person, der man begegnen möchte.
Eine Glasscherbe zersplitterte unter meinem Schuh in viele kleinere. "Zellteilung", kicherte ich vor mich hin und verstummte im nächsten Moment. So fängt der Wahnsinn an.
In einem leeren Raum stand ein Stuhl mit nur drei Beinen, und ich fragte mich, wie das funktionierte; auch das könnte mit Wahnsinn zu tun haben.
Ich sah durch eines der zerbrochenen Fenster nach draußen. Unsere Feuer im Hof gaben Rauchzeichen an die Nachbarschaft. Doch bevor sie den Rauch sahen, hatten sie uns bestimmt schon gehört. "Lieber besetzen statt besitzen!" rief jemand in der Nähe des Feuers, und ich musste lächeln. Hier waren wir. Ein gutes Gefühl.
Die Parolen verschmolzen zu einem einzigen Stimmenmeer. Wir waren eine Welle, die sich an der Staatsgewalt brach. Um mich herum nichts als die hohen, durchsichtigen Abwehrschilde der Polizei, die ich in der Eile nicht zählen konnte. Wie es schien, waren einige Personen mit unseren Rückholaktionen nicht einverstanden. Ich wartete auf einen Schmerz, der nicht kam.
"Wir wollen keine Bullenschweine", schrie ein dünnes Mädchen direkt neben meinem linken Ohr. Mein Trommelfell schmerzte, ich riss mir das Tuch vom Gesicht, um in der Hitze freier atmen zu können. Von links hörte ich Schreie und das Geräusch der Wasserwerfer. Von allen Seiten bedrängten mich Menschen, es waren zu viele, der Platz zu eng, der Himmel hing zu tief, ich ging zu Boden. Und wartete auf die Füße. Aber eine Hand streckte sich mir entgegen, und ich sah weißblondes Haar und eisblaue Augen, während mich die Hand hochzog.
Dann bemerkte ich, dass die Polizeimauer hintermir war und vor mir nur dieser belustigt und zugleich ernst dreinblickende Mann, ich sah in seine Augen, heilige Scheiße, dachte ich, und dann ging alles zu schnell.
"Faschistenschwein!", brüllte ich ihn an, sodass er verblüfft zurückwich.
Mich in meinen eigenen Füßen verheddernd, stürzte ich davon, einfach weg, bis ich keuchend stehen bleiben musste, vor meinen Augen statt roter Sterne nur noch grelle Flecken.
Near fragment in time
Anna kam am 3. Dezember 1909 in Wien zur Welt und war die zweite der vier Töchter des Glasmalermeisters Franz Goetzer. Sie wuchs in der Schulgasse im Bezirk Währing auf. Dort besaß eines der mehrstöckigen Vorstadthäuser eine mächtige Durchfahrt zum weitläufigen Hinterhof, und an dessen Ende lag das Gebäude, in dem sich die Wohnung der Familie und die Werkstatt des Vaters befand. Die Wohnräume lagen ebenerdig, und der unter ihnen befindliche Keller beherbergte die Glasmalerei. Diese führte auf der Rückseite des Hauses zum tiefer gelegenen Garten hinaus. Man musste an Kaninchenställen vorbei, eine Art Korridor überwinden, oder man wand sich zwischen buntem Glas, Arbeitstischen, am murrenden Vater und seinen freundlich grüßenden Gehilfen vorbei durch die gesamte Werkstatt, um diesen Garten zu erreichen. Kaum hatte man ihn betreten, tat sich sofort sein Wunder auf. Er hatte sich im Andrängen der allmählich immer städtischer werdenden Bauvorhaben, zwischen Hausmauern, Hinterhöfen und Abladeplätzen, unerschütterlich sein verträumtes, ländliches Aussehen bewahrt. Da gab es Kieswegezwischen üppigen Blumenrabatten und Rasenflächen, Kastanienbäume überwölbten ihn von allen Seiten, einen Hügel zum Hof hin bedeckten hochwuchernde Himbeersträucher mit schmalen Pfaden dazwischen, und sogar ein „Salettl“, wie man das weißlackierte Gartenhäuschen nannte, krönte unter Fliedersträuchern und Laubschatten seine Idylle.
pp 5 from Im Schatten der Zeit by
