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Das Vaterspiel - pp 167-168

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“Meine Tochter ist da bei ein paar so Halbstarken oder Halbglatzerten in der Wohnung, und ich muss sie möglichst ohne Aufsehen rausholen. Ja, sie ist minderjährig. Gerne, ich warte. Mein Vater legte die Hand auf die Sprechmuschel. Das werden wir gleich haben, sagte er zu mir. Wirst sehen, das kriegen wir anstandslos hin. Dann meldete sich offenbar wieder jemand. Gut. Sehr gut. Die Adresse ist, Moment. Sag schnell die Adresse. Er hielt mir das Telefon vor den Mund. Die Nummer weiß ich auch nicht, aber ich kann das Haus beschreiben. Es ist am Sechshauser Gürtel. Wenn man vom Westbahnhof kommt, nach der U-Bahn-Station Gumpendorfer Straße, knapp vor der Wienzeile, rechts abbiegen und dann das erste Haus rechts. Schräg gegenüber vom Puff. Haben Sie es verstanden?, fragte mein Vater. Offenbar gegenüber von der Sechshauser Marie. Nummer haben wir keine, aber ich werde dort sein. Und kein Blaulicht, keine Presse, kein Aufsehen. Danke schön. Ja, ebenfalls. Als wir zum Sechshauser Gürtel kamen und in die abschüssige Straße nach rechts einbogen, war dort schon, knapp hinter dem Puff, ein Polizeiauto geparkt. Auf dem Gehsteig standen zwei Frauen, nur mit hochgeschnittenen Bodys bekleidet. Sie rauchten und schauten zu uns herüber. Der Chauffeur blieb direkt hinter dem Polizeiauto stehen. Welche Wohnung ist es, fragte mein Vater. Ich wollte, um mich besser zu orientieren zu können, das Autofenster hinabdrehen, aber es hab keine Kurbel. Ich drückte einen Knopf, doch auch da rührte sich nichts. Dieses scheiß Fenster geht nicht auf, sagte ich.” (S. 167f)
  Das Vaterspiel
  167
  168
  No
  Yes
  No
  No
  (none)
  Sechshauser Gürtel

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Szene 4. Sonntagmittag.

Ich gehe durch den Türkenschanzpark. Es ist klar. Aber Frühling. Büsche und Bäume in Blüte. Tulpen und Narzissen. Das Gras wieder grün. Die Anruferin von Freitag war Politikersgattin in der Nachkriegszeit.
pp 45 from Tagebuch der Gegenwart by Marlene Streeruwitz

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Bei diesem Job hat jedes Gesicht eine Nummer, das ist das Schöne daran, so bleiben die möglichen Schicksale namenlos. In den ersten Tage hatte ich noch einen Karteikasten in meinem Kopf, in den ich jedes dieser Gesichter einordnete: Nutte, Freier, Fixer, dummes Kind. Bei manchen war ich ratlos. Damit habe ich inzwischen aufgehört, genauso wie ich aufgehört habe, mich jedes Mal, wenn ich aus der U-Bahn-Station komme, zu wundern, wie selbstbewusst man das große Hinweisschild mit dem Schriftzug ‚Aids-Hilfe‘ an das sonst so unscheinbare Eckhaus gehängt hat und wie ebenso selbstbewusst die Leute durch die Tür gehen, durch die ich anfangs bloß mit gebeugtem Nacken gehen konnte, und auch nur dann, wenn ich sonst niemanden auf der Straße sah.
In jeder Pause sitze ich auf den Treppenstufen vom ersten in den zweiten Stock, sieben nach oben, gerade so weit um die Biegung, dass mich niemand sieht, der im ersten die Tür öffnet. Hier herauf kommen nur die Angestellten und die Mitglieder der Selbsthilfegruppen. Einmal habe ich ein Mädchen beobachtet, das unten vor der Tür zur Anmeldung stand, dreimal die Treppe wieder runterstieg, um dann doch hineinzugehen.
"Formular her", keife ich nach der Mittagspause wieder, reiße den Zettel über den für mich zu großen Schreibtisch hinweg an mich und beginne in meinen Computer zu hacken. Ich stelle alle Fragen auf einmal, so wie ich es laut Anweisung auf keinen Fall tun darf. Mein Gegenüber weiß nicht, wie ihm geschieht.
"Nehmen Sie das nächste Mal einen Gummi, Sie Kleinspurmacho, verdammt noch mal! Draußen hinsetzen! Schämen!" Der Mann vor mir duckt sich. Ich beachte kurz interessiert seine Halbglatze. "Schämen!", schreie ich ihm noch mal nach, als er durch die Tür in das Wartezimmer geht. Einer der Wartenden hebt kurz den Kopf und fixiert mich, ich starre auf ein Lichtquadrat am Boden, bis die Tür wieder zufällt. Ich will sie alle nicht mehr sehen.
pp 31-32 from Chucks by Cornelia Travnicek