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Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés - pp 128-137

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Hilde Spiel bedarf keiner nachrühmenden Erläuterungen. Als engagierte Kritikerin, Essayistin, Herausgeberin, Übersetzerin, auch als Autorin des ausgezeichneten diskursiven Emigrantenromans "Lisas Zimmer" ist sie erfolgreich präsent. Schon damals, in den frühen Dreißigerjahren, als sportlich-attraktive Absolventin der "Schwarzwaldschule" zu freiem Denken erzogen, galt sie im "Herrenhof" als vielversprechende Literaturdebütantin. Dankenswerter Weise gab sie mir briefliche Auskunft über ihre Jugendjahre im "Herrenhof":
"... Ich bin etwa mit siebzehn oder achtzehn Jahren ins "Herrenhof" gekommen, das ja im selben Häuserblock lag, an dessen Rückseite, in der Wallnerstraße Nr. 9, auf den oberen Stockwerken die Schwarzwaldschule untergebracht war. Wahrscheinlich kam ich durch den Fritz Thorn und den Torberg hin, die ich beide, Torberg noch als Kantor [Sein ursprünglicher Name lautete Kantor. Aus dessen zweiter Silbe und Berg, dem Mädchennamen seiner Mutter, entstand der nordischanmutende Name des Schriftstellers Torberg.], als Wasserballer im Dianabad, durch die damalige Meisterschwimmerin Maria Puchberger, jetzige Baronin Ditfurth, ein oder zwei Jahre früher kennengelernt hatte. Im "Herrenhof", das sehr bald zu einer zweiten Heimat wurde und in dem ich sehr häufig nachmittags oder abends saß, wenn ich nicht Ski fuhr oder im Schwimmklub trainierte, das ich vor allem (und zwar im zweiten, großen Saal) mit Thorn, mit Torberg, wann immer er in Wie war, mit Ernst Stern, dem Zeichner, Ringer und Privatphilosophen, mit Ernst Polak, der - obwohl wesentlich älter - gleich mir bei Moritz Schlick studierte, und mit Peter Hammerschlag, der mir jede Woche einen Schilling meines fünf Schilling betragenden Taschengeldes abnahm, als Tribut an seine verspätete Peter Altenberg-Existenz: Wie P.A. hatte er begütete Eltern.
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  Café Herrenhof

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In hastig hingefetzten, sich selber davonlaufenden, mit äußerster Willensanstrengung aufs Papier geschleuderten Sätzen gestand sich Heinrich im Tagebuch ein, was er inzwischen bei sich ausgeforscht hatte; Entdeckungen, die er vor sich nicht mehr geheimhalten konnte : daß er sexuell keineswegs so appetitlos sei, wie er bisher von sich angenommen habe; daß es, in Ermangelung anderer Geliebter, mit der Zuneigung zu sich selbst bei ihm immer ärger würde; daß ihn, im Türkenschanzpark, an genau definierter Stelle immer ein Drang erfasse, wo er, immer haargenau am gleichen Ort, beim Abort, dem Häuschen neben dem Eingangstor, immer ganz dringend aufs Klo eilen müsse; um dort, an der Pißwand, die peniblen Kunstwerke zu bewundern und, mit steigender Spannung, die Kleinstanzeigen zu lesen; daß er sich auf der Straße nicht nur nach Mädchen, nein pfuiteufelnochmal, noch öfter nach Jungen umzudrehn angewöhnt habe; nach schönen Jungen, natürlich; daß er den Jungen, den er in Griechenland kennengelernt habe, aufrichtig liebe; ja, daß bei ihm offensichtlich ein Hebel verkehrt eingesetzt, ein Ventil falsch montiert, eine Leitung vom Chef falsch angeschlossen worden sei, da sich bei ihm, oft genug schon vom bloßen Hinschaun, die Hose vorn spanne.
pp 97 from Der lange Gang by Uwe Bolius

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"[...] in der LINDE war ich mit Ivan essen, am Kohlmarkt habe ich mit Ivan Espresso getrunken, am Kärtnerring arbeitet Ivan [...] ich möchte abends einmal mit Ivan vom Cobenzl auf die Stadt hinuntersehen oder vom Hochhaus in der Herrengasse."
pp 85-86 from Malina by Ingeborg Bachmann