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Das Vaterspiel - pp 230-231

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Doch am Ersten Mai, da wollte er mich immer dabeiha-ben. Die Roten Falken seien kein Grund, vom Maiaufmarsch fernzubleiben. Ich könnte mich ja dem Verband Sozialistischer Mittelschüler und später dem Verband So-zialistischer Studenten anschließen. Die Wahrheit ist, mir wurde es zunehmend peinlicher, auf dem Rathausplatz meinem Vater zuzuwinken, aber es fiel mir schwer, ihm das so direkt zu sagen. Und so gab es jedes Jahr die gleichen Diskussionen, und ich drückte mich um klare Antworten herum und bleib schließlich einfach weg, ohne es im Detail zu begründen. Meine Schwester begleitete noch eine Zeit lang meine Mutter. Später bleib auch sie fern. Mein Vater warf uns das jedes Jahr erneut vor.
Schon am Vortag des Ersten Mai fragte er, wer von uns nun zum Fackelzug der Sozialistischen Jugend gehe. Der Einzige, der Jahr für Jahr ging war mein Vater selbst, der sozialistische Berufsjugendliche. Er stand auch dort bei der Kundgebung auf dem Podium, hielt Reden und sang zum Abschluss gemeinsam mit der Sozialistischen Jugend die Internationale. Dann kam er heim und beschwerte sich, dass die Jugend die Internationale nicht mehr singen könne. Er hielt eisern zu seiner Tradition. Selbst als er schon Minister war und gleichzeitig in hun-dert Aufsichtsräten saß, am Ersten Mai zog er in aller Früh von unserem Designerhaus am Rande des Wiener-walds los, um für einen Tag in der Innenstadt den Proletarier zu spielen.
Gehst du eigentlich morgen zu den Geilen Säcken, frag-te ich meine Schwester, nachdem mein Vater seinen Ver-such, wenigstens einen von uns für den Fackelzug zu ge-winnen, aufgegeben hatte und schließlich mit seinem Chaffeur allein in die Innenstadt aufgebrochen war.
Na klar, antwortete Klara. Wir haben sogar schon Karten. Ich gehe mit der Bibi und dem Gerhard hin.
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Diese vielen ekelhaften Menschen, Menschen, nun, diese vielen ekelhaften Erscheinungen im damit vollgestopften Autobus 74 A, die Landstraßer Hauptstraße hinauf oder hinunter, welche Qual, ihnen mehrmals täglich ausgesetzt zu sein, ihnen und ihren mitgeführten, mit sich getragenen Schicksalen, Lebensgestaltungen, Alltagsbewältigungen, Kinderwagen, Krücken; Inländer, Ausländer, Wiener, Asiaten, gleichviel, nein, gleichviel nicht, die Wiener, die 'Hiesigen', sind allemal scheußlicher, Paare vor allem, alte und ältere, verstunkene Wiener Ehepaare, wie sie hereinzittern 'in den Autobus', wie sie hinauszittern 'aus dem Autobus', dem Autobus 74 A, fürsorglich um einander bemüht und eben deshalb einander abrundtief gram, wie ich sie hasse!
pp 51 from Kalte Herberge by Werner Kofler

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"Ja, genau." Er bemühte sich, seine verworrenen Gedanken zu ordnen. "Sie waren doch Schulwart in Hietzing in ..."
"Im Gymnasium in der Schlossberggasse, ja, fast dreißig Jahre."
"Können Sie sich an einen Florian Chlapec erinnern?"
"Chlapec ... auf Anhieb sagt mir das jetzt nichts .. da müsste ich in den Jahresberichten nachschauen ... was ist denn mit dem?"
"Ach, das wäre jetzt zu kompliziert." Schäfer stand auf, um seine Zigaretten zu holen. "Haben Sie die Jahresberichte bei Ihnen zu Hause?"
"Sicher", erwiderte Holzleitner hörbar stolz, "alle Jahrgänge."
pp 254 from Ohnmachtspiele by Georg Haderer