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Das Vaterspiel - pp 371-372

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Ein paar Tage später kam Gerhard zu mir in die Woh-nung. Ich hatte die Power-Point-Animationen seiner Bilder fertig gestellt und wollte mit ihm die Geschwindigkeit der jeweiligen Abläufe besprechen. Es war Mitte Oktober. Die Nacht des blutigen Hundes, der Messer auf die Abbildun-gen meiner Schwester warf, lag sechs Wochen zurück. Gerhard und ich hatten seither nur einmal telefoniert. Ich hat-te getan, als hätte ich Mitleid mit ihm, wollte aber nur diskret herauskriegen, ob er mit Klaras Schuldirektor ge-sprochen hatte.
Als ich in meiner Rot-Kreuz-Uniform aus der U-Bahn-Station Kettenbrückengasse kam, stand Gerhard schon vor meiner Haustür und schlug, um sich aufzuwärmen, die Füße gegeneinander. Es hatte ein wenig zu schneien begonnen. Es waren ganz kleine Flocken, die der Wind über die Straßen wirbelte. Mit Klara hatte Gerhard keinen Kon-takt mehr gehabt. Weder einen weiteren Anruf noch den versprochenen Brief hatte er erhalten.
In meiner Wohnung war es kalt. Ich drehte das Backrohr auf und steckte eine alte Wärmelampe ein, die ich vor kur-zem auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Sie hatte einen großen Aluminiumschirm, der aussah wie eine Satelliten-schüssel. Gerhard half mir, im eiserenen Ofen einzuheizen. Er fragte mich, ob mir das alles hier nicht ein wenig zu um-ständlich sei.
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2.9 Morzinplatz
1., Morzinplatz
An der Stelle, an der heute dieses Mahnmal, steh befand sich das Hotel Metropol, das ab 1938 die Gestapoleitstelle Wien beherbergte. In dieses Hotel wurden nach dem „Anschluss“, die Gefangenen eingeliefert und verhört und gefoltert. Auch für viele Juden war dies die erste Station auf ihrem Leidensweg, zahlreiche Menschen wurden hier während der Verhöre zu Tode gequält. 1951 errichtete der KZ Verband ohne behördliche Bewilligung einen den Gestapo Opfern gewidmeten Gedenkstein. Die Stadt Wien nahm das Mahnmal in ihre Obhut und errichtete 1985 ein neues Mahnmal für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und übernahm auch den Text, der von Wilhelm Steiner, dem Präsidenten des KZ-Verbandes, stammte: „Hier stand das Haus der Gestapo. Es war für die Bekenner Österreichs die Hölle. Es war für viele von ihnen der Vorhof des Todes. Es ist in Trümmer gesunken wie das Tausendjährige Reich. Österreich aber ist wiederauferstanden und mit ihm unsere Toten, die unsterblichen Opfer.“ Ein Block aus Mauthausener Granit und eine Bronzefigur sollen das Schicksal der KZ-Häftlinge symbolisieren. Typisch für die Gedenkkultur der Nachkriegszeit, die sich vor allem auf den demokratischen Grundkonsens der Versöhnung über die Parteigrenzen hinweg bezog, ist, dass die gefolterten, gedemütigten und ermordeten österreichischen Juden mit keinem Wort erwähnt werden, einzig der eingemeißelte gelbe Stern lässt erahnen, dass auch Juden zu diesen Opfern zählen.
pp 70 from Jüdisches Wien - Stadtspaziergänge by Michaela Feuerstein, Gerhard Milchram

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Und was war das für eine Stadt, durch die der alte Herr spazierte? In einer Auslage sah man Schokoladenpapier, dessen Farbe von der Sonnenbestrahlung gewechselt hatte. Ein junger Mann trug eine Leiter über die Straße. Hundert Meter weiter, in der Strobachgasse, bot eine Frau der Nachbarin von Fenster zu Fenster ein Kleid zum Geschenk, das durch die letzte Diät zu weit geworden war. Stolz hochgehalten wehte es mit großen Blumen über der Straße.
Herr Gabriel begab sich zum Haus Rüdigergasse 5 und öffnete die Wohnung mit der erwartungsvollen, verschwenderischen Zuneigung eines Menschen, der die Schlüssel gerade erst beim Haustor ausgehändigt bekommen hat.
pp 199 from Anna nicht vergessen by Arno Geiger